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Die Rechtsprechung hat in jüngeren Entscheidungen weiterhin die sog. hypothetische Einwilligung „erfunden“. Kerngedanke dieser hypothetischen Einwilligung ist, dass ein Arzt nur dann eine rechtswidrige Körperverletzung begehen könne, wenn der Patient bei korrekter Aufklärung die Einwilligung nicht erteilt hätte. Zugunsten des Arztes sei stets von einer Einwilligung auszugehen, solange der Patient nicht das Gegenteil beweise. Dies wird damit begründet, dass es ansonsten an einem tatbestandlichen Erfolg mangele. Von den Gegnern dieser nicht nur in der Rechtsprechung geäußerten Ansicht wird eingewendet, dass dies mit dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten nicht vereinbar sei. Eine rein hypothetische Einwilligung müsse daher bei der Beurteilung von Kausalität und objektiver Zurechnung außer Betracht bleiben.
Nun mag man trefflich darüber streiten, ob das „neue“ Rechtsinstitut der hypothetischen Einwilligung zutreffend ist oder nicht. Bei der Verteidigung in Arzthaftungsprozessen und auch in Strafprozessen muss der beauftragte Rechtsanwalt diese Argumentation bemühen, der den betroffenen Patienten vertretende Rechtsanwalt diese Argumentation gleichermaßen berücksichtigen und sich darauf einstellen. Die hypothetische Einwilligung wird schließlich auch vom Bundesgerichtshof als beachtlicher Einwand behandelt.
Wir halten im Übrigen das Rechtsinstitut der hypothetischen Einwilligung für konsequent richtig. Auch in Anwaltshaftungsprozessen und bei der Auslegung von Testamenten muss nicht selten mit dem hypothetischen Willen des Mandanten bzw. des Erblassers gearbeitet werden, um zu zutreffenden Ergebnissen zu gelangen. Es ist nicht einzusehen, dass diese Konstellationen mit derjenigen in einem Arzthaftungsprozess nicht vergleichbar sein sollen. Letztlich liefe die Gegenmeinung darauf hinaus, dass es allein der klagende Patient in der Hand hätte, unter Berufung auf sein Selbstbestimmungsrecht selbst bei korrekter Aufklärung und naheliegenden Umständen, die auf einen gegenteiligen hypothetischen Willen schließen lassen, dasjenige zu behaupten, was für den Ausgang seines Arzthaftungsprozesses günstig wäre. Dem beklagten Arzt bliebe jeglicher Einwand abgeschnitten.