- OLG Köln, Urteil vom 26. Februar 2014 – I-5 U 68/13, 5 U 68/13 –, juris
Leitsatz
- 1. Das Unterlassen einer grundsätzlich gebotenen begleitenden Heparintherapie nach dem (fachlich korrekten) Absetzen von Marcumar bei einem schwerstkranken Patienten stellt sich nicht als grober Behandlungsfehler dar, wenn eine medizinisch schwierige Risikoabwägung erfolgen muss zwischen einem Embolie- und einem Hirnblutungsrisiko.
- 2. Zur Frage der Kausalität zwischen dem fehlerhaften Unterlassen einer Heparintherapie und dem Tod des Patienten.
- 3. Die Dokumentation dient ausschließlich medizinischen Zwecken, nämlich der Information des mit- oder nachbehandelnden Arztes oder dem Festhalten dessen, was für den Behandler zu einem späteren Zeitpunkt bedeutsam ist, nicht der Beurteilung der Richtigkeit des ärztlichen Vorgehens. Befindet sich ein Patient in einem unmittelbaren Sterbeprozess, muss nicht jede einzelne Untersuchungsmaßnahme mehr festgehalten werden. Es genügt zur Dokumentation die zusammenfassende Beschreibung „moribund“.
Orientierungssatz
- 1. Ein nach dem Absetzen von Marcumar für den Zeitraum vom 17. Januar 2005 bis zur stationären Aufnahme am 20. Januar 2005 anzunehmender Behandlungsfehler, der in dem Unterlassen einer begleitenden Heparintherapie in therapeutischer Dosis lag, ist kein grober Behandlungsfehler, wenn ein Patient langfristig kein Marcumar mehr und nach einem urologischen Eingriff wieder ASS 100 einnehmen wollte.
- 2. Eine Aufklärung über die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Marcumartherapie, insbesondere die bei ihrer Unterlassung drohenden Folgen, ist bei einer Behandlungsverweigerung jedenfalls dann nicht geboten, wenn einem Patienten die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Marcumartherapie bekannt ist.
- 3. Eine Kausalität lässt sich nicht feststellen, wenn sich nicht klären lässt, ob der Tod des Patienten durch einen – durch unzureichende Prophylaxe beeinflussten – Schlaganfall oder durch eine hiervon unabhängige Dekompensation der Herzinsuffizienz des Patienten verursacht ist.
- 4. Befindet sich ein Patient in einem unmittelbaren Sterbeprozess und entspricht das Unterlassen einer intensivmedizinischen Behandlung nach dem Ergebnis der Befragung der anwesenden Angehörigen seinem geäußerten oder mutmaßlichen Willen, kommt es auf diagnostische Einzelheiten für die von nun an ausschließlich palliative Therapie nicht an, so dass der zusammenfassende und – wie der spätere Verlauf zeigte – zutreffende Vermerk in den Behandlungsunterlagen „moribund“ ausreichend ist.
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